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Die Durchführung lebenserhaltender Maßnahmen bei einem sterbenskranken Patienten führt nicht zu Ansprüchen auf Schadensersatz gegenüber dem behandelnden Arzt

Die Durchführung lebenserhaltender Maßnahmen bei einem sterbenskranken Patienten führt nicht zu Ansprüchen auf Schadensersatz gegenüber dem behandelnden Arzt - RAE-Stefan-Koenig
Die Durchführung lebenserhaltender Maßnahmen bei einem sterbenskranken Patienten führt nicht zu Ansprüchen auf Schadensersatz gegenüber dem behandelnden Arzt

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 02.04.2019 entschieden, dass das menschliche Leben ein höchstrangiges Rechtsgut und deshalb absolut erhaltenswürdig ist.

Deshalb verbietet es sich nach Ansicht des Bundesgerichtshofes, das Leben - auch ein leidensbehaftetes Weiterleben - als Schaden anzusehen.

In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war ein 1929 geborener Patient so dement, dass mit ihm seit dem Jahr 2008 keine Kommunikation möglich war; der Patient litt außerdem seit längerem unter einer spastischen Erkrankung und war nicht mehr zur selbständigen Fortbewegung fähig.

Seit dem Jahr 2006 wurde ihm mit Zustimmung seines Betreuers eine Magensonde angelegt, durch die er bis zu seinem Tod künstlich ernährt wurde.

Der Patient hatte weder eine Patientenverfügung errichtet, noch seinen Willen hinsichtlich des Einsatzes lebenserhaltender Maßnahmen anderweitig dokumentiert.

Anfang des Jahres 2010 verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Patienten durch weitere Erkrankungen zusätzlich, bis er schließlich im Oktober 2011 nach intensiv- medizinischer Behandlung im Krankenhaus verstorben ist.

Der Sohn des verstorbenen Patienten hat daraufhin gegenüber dem zuletzt behandelnden Hausarzt Ansprüche aus ererbtem Recht auf Zahlung von Schmerzensgeld geltend gemacht mit der Begründung, dass der behandelnde Arzt im Zeitraum von Anfang 2010 bis Oktober 2011 für die sinnlose Verlängerung des krankheitsbedingten Leidens des Patienten ohne Aussicht auf Besserung des gesundheitlichen Zustandes verantwortlich war, was nach Ansicht des Sohnes des verstorbenen Patienten aufgrund der Fortführung der Sondenernährung und das Fortdauernlassen der Schmerzen und Leiden bis zum Tod eine Körperverletzung darstellt.

Darüber hinaus hat der Sohn des verstorbenen Patienten vom zuständigen Hausarzt auch die Erstattung von Behandlungs- und Pflegekosten i. H. v. ca. 50.000,00 € gefordert, die ohne die ohne Behandlung nicht entstanden wären, da beim Patienten nach Ansicht seines Sohnes bei verständiger Betrachtungsweise ab Januar 2010 die Behandlungsmaßnahmen einzustellen gewesen wären.

Das in der Berufungsinstanz zuständige Oberlandesgericht München hat der Klage des Sohnes des verstorbenen Patienten hinsichtlich der Schmerzensgeldansprüche stattgegeben und hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche auf Erstattung der Behandlungskosten abgewiesen.

Auf die Revision des beklagten Arztes hin hat der Bundesgerichtshof als höchstes deutsches Zivilgericht die Klage des Sohnes des verstorbenen Patienten insgesamt abgewiesen, weil ein auch längerfristig leidensbehaftetes Weiterleben nach Ansicht des BGH in keiner Hinsicht einen erstattungsfähigen Schaden darstellt.

Nach Ansicht des BGH verbietet es sich, das Leben - auch ein leidensbehaftetes - als Schaden anzusehen; außerdem entziehe es sich menschlicher Kenntnisfähigkeit, ob ein leidensbe-haftetes Leben gegenüber dem Tod ein Nachteil ist.
Der BGH stellt in seiner Entscheidung auch darauf ab, dass der Patient im vorliegenden Fall keine Patientenverfügung errichtet hatte, so dass sich auch für die zuständigen Ärzte nicht erkennen ließ, ob und welche lebensverlängernden ärztlichen Behandlungsmaßnahmen der Patient in vorliegendem Fall gewünscht hätte, und welche nicht.

Aber selbst dann, wenn beim Vorliegen einer Patientenverfügung der zuständige Arzt unter Missachtung des eindeutig geäußerten Patientenwillens aus eigener Entscheidung heraus weiterhin lebensverlängernde ärztliche Behandlungsmaßnahmen durchführen würde, soll dies nach Ansicht des BGH auch in diesem Fall nicht zu einem Schadensersatzanspruch des Patienten oder dessen Erben führen, weil es sich nach Ansicht des BGH grundsätzlich verbietet, das Weiterleben eines lebensbedrohlich erkankten Patienten als Schaden zu werten.

Die wirtschaftlichen Belastungen, die aufgrund der Durchführung lebenserhaltender ärztlicher Maßnahmen entstehen, sind nach Ansicht des BGH ohnehin nicht als ersatzpflichtiger Schaden anzusehen.

Auch wenn der BGH gemäß obigen Ausführungen den für die Behandlung jeweils zuständigen Arzt zivilrechtlich nicht als verpflichtet ansieht, den entgegenstehenden Willen des Patienten zur Ablehnung von lebenserhaltenden Maßnahmen bei spezifisch beschriebenen Erkrankungen zu beachten, empfiehlt es sich gleichwohl, eine Patientenverfügung zu errichten, um den Angehörigen und insbesondere den behandelnden Ärzten mitzuteilen, welche ärztlichen Maßnahmen im Falle einer schweren Erkrankung oder eines Unfalles durchgeführt werden sollen und welche nicht; nach der allgemeinen Lebenserfahrung besteht trotz der oben dargestellten Entscheidung des BGH eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit, dass die mit der Behandlung betrauten Ärzte den in einer Patientenverfügung geäußerten Willen des Patienten befolgen und umsetzen.

Sofern Sie zu diesem Thema oder zu anderen rechtlichen Themen weitergehende Informationen wünschen, nehmen Sie bitte unter der Telefonnr.: 0931 354770 oder dem Kontaktbutton Kontakt mit uns auf.


Eingestellt am 20.08.2019 von Stefan König
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